OS3.9 - Der Test

    Seit ca. 1 Woche läuft das AmigaOS3.9 auf meinem Rechner. Inzwischen haben sich auch gewisse Schwächen und Stärken gezeigt die ich in dem Test natürlich erwähnen möchte.

    Die kleinen Dinge...

    Wir fangen ganz gemütlich an mit den ganz kleinen Dingen. Viele halten vielleicht von so was nicht viel aber für mich ist so was ganz wichtig und das ist die Verpackung. Anders als noch bei OS3.5 wurde diesmal auf eine Pappschachtel verzichtet. Der Anwender bekommt eine CD-Rom mit einem Booklet in deutscher und englischer Sprache. Dort befindet sich der Lizenzvertrag wie auch eine kurze Beschreibung der Installation. Das Cover ist meiner Ansicht nach hässlich und wird einem OS Update einfach nicht gerecht. Die Kritik geht allerdings direkt an Amiga die dafür verantwortlich war. Seit dem abstraktem Logo für den AmigaOne wissen wir wie viel Ahnung man dort vom Design hat.

    Die Installation

    Der kleine und doch so schlecht verpackte Silberling enthält noch natürlich fast 500 Mbyte an Daten, von denen man einige auf die Festplatte installieren muss. Das alles lässt sich natürlich mit dem Installer erledigen, der die komplette Installation mit den schon teilweise von der OS3.5 bekannten Bildern begleitet. Zur Auswahl stehen mehrere verschiedene Installationsarten. Als erstes sollte eine Notfall-Diskette angefertigt werden, die für eine problemlose Installation teilweise vorausgesetzt wird. Anwender die bereits das OS3.5 installiert haben können nur den OS3.9 Teil installieren, alle anderen haben die Möglichkeit für eine Vollinstallation auf eine leere Festplatte oder aber über eine vorhandenes OS3.0. Der PowerPC Support, die Internet Programme wie auch die CD-Rom Treiber werden gesondert installiert. Noch immer stört mich der hässliche Rot/Gelben-Hintergrund. So radikal zu einem Windows-Installer musste das doch nicht sein.

    Die Erstellung der Notfalldiskette klappte sofort beim ersten mal und wirklich ohne Probleme. Danach wurde der Bootvorgang von der Diskette gestartet und die Installation von der CD-Rom durchgeführt. Auch das verlief ohne Probleme. Es wurde beim vorhandenen System nichts verändert und gelöscht. Hier haben die Programmierer wirklich gute Arbeit geleistet, denn auch beim OS3.5 hatte ich persönlich keine großen Probleme.

    OS3.9 zeigt sein Gesicht

    Nach der erfolgreichen Installation kann das Betriebssystem endlich gestartet werden. Bei Systemen mit einem PowerPC und besonders bei BlizzardPPC Karten macht sich das AmigaOS3.9 mit einem Requester bemerkbar. Dieser fragt ob das PowerUP/ppc.library System entfernt werden soll. Die Frage kommt durch die neue picture.library zustande. Diese liegt ab OS3.9 in einer PowerPC Version vor und wird z.B. bei einem Workbench-Hintergrund zwingend benötigt. Mit dem neuen WarpOS-Einsteller kann man diesen doch nervigen Requester verstecken lassen. Ist das alles einmal erledigt so wird das Betriebssystem weiter geladen und es erscheint auch gleich die nächste sofort sichtbare Neuerung. Es ist natürlich die AmiDoc Leiste. Auf den ersten Blick sind erst mal keine weiteren Neuerungen sichtbar, nach diesen muss man weiter in den Verzeichnissen und Menüs suchen.

    Der Tauchgang

    Ich fange mit den Menüs an. Im Menü Fenster taucht eine neue Funktion auf. Diese trägt den Namen Suchen und genau das kann man damit machen. Nach einem Klick erscheint schon ein Fenster der uns alle zur Zeit verfügbaren Laufwerke anzeigt. Hier können wir entscheiden ob wir alle oder nur bestimmte Laufwerke durchsuchen lassen, und ob wir nach einer Datei oder aber dem Inhalt suchen wollen. Bei der Suchfunktion stehen noch einige andere Funktionen zur Verfügung. Die gefundenen Dateien lässt sich entweder gleich ausführen oder aber deren Verzeichnis öffnen. Im täglichen Leben ist die neue Funktion wirklich hilfreich und wäre eigentlich schon mit OS3.5 fällig.

    Wirklich gravierend wurde auch das Icon Info-Fenster RAWBInfo verändert und um zahlreiche Funktionen erweitert. Das Programm präsentiert sich im neuen Reaction design. Sie können erstmals durch einen einfachen Mausklick die Verzeichnis-Größe berechnen oder auch die Version anzeigen lassen. Sie können Piktogramme in MagicWB, OS2.1 oder auch Glowicons umwandeln. Piktogramme lassen sich einfacher austauschen und auch von einem Vorgabe-Icon erstellen. Das Programm enthält wirklich zahlreiche Funktionen die sehr nützlich sind, sich in einem Test aber leider nicht ganz aufzählen lassen.

    Jetzt tauchen wir noch tiefer ein und landen im vollen Prefs-Fenster. Das Wort voll sollte man wirklich ernst nehmen. Falls es mal ein Update geben sollte so wäre ein Programm das alles diese Einsteller zusammenfasst nicht verkehrt. Mit dem OS3.9 Update sind hier einige neue Einsteller aufgetaucht. Hierzu zählen AHI, Asl, DefIcons, ViNCEd und WarpOS. Einige wurden natürlich auch überarbeitet. So z.B. der IControl, Palette, Pointer und ScreenMode Requester. Ich versuche alle nachfolgend mehr oder weniger ausführlich zu beschreiben.

    AHI - Soundkarten Besitzer werden wohl einen AHI Einsteller schon längst gehabt haben. Der neue wurde einfach übersichtlicher gestaltet. Neue Funktionen bietet der nicht.

    ASL - Mit diesem Einsteller kommt wieder etwas neues und sinnvolles. Sie können damit ASL-Dialogfenster beeinflussen. So bleiben die Requester auf Wunsch am Mauszeiger kleben und erscheinen nicht irgendwo weit entfernt in der Ecke. Die Größe sowie die Anzeige der Dateien lässt sich auch beeinflussen.

    DefIcons - Mit Hilfe von DefIcons können Sie für alle Dateitypen ohne einem Piktogramm ein Standard-Piktogramm definieren, das auf Wunsch dann die zu ihm passende Software startet. So lassen sich jetzt schon .mp3 und noch viele andere Dateien durch einen einfachen Mausklick starten.

    IControl - Bei IControl kam eine Funktion hinzu die beim OS3.5 Update vermisst wurde. Diese sorgt für eine korrekte Anzeige der Fensterrahmen. Bei diesen stimmte seit Anfang an das Verhältnis nicht, was sich jetzt seit der Version 3.9 auf Wunsch ändern kann.

    Palette / Pointer - Bei den beiden Einstellern hat sich eigentlich nichts geändert. Verbessert wurde nur das ColorWheel welches von beiden Einstellern benutzt wird. Dieses unterstützt jetzt Echtfarben bis zu 32 Bit und bietet deshalb eine bessere Auswahl der Farben sowie schönere Farbverläufe.

    ScreenMode - ScreenMode wurde um die Test-Funktion erweitert. Dieses bekannte Feature von vielen anderen Systemen hat dem Amiga wirklich gefehlt. Bevor eine neue Bildschirm-Anzeige angenommen wird kann man vorher ein Test startet. Sollte die Anzeige nicht richtig funktionieren so kehrt das Programm nach wenigen Sekunden zu den früheren Einstellungen zurück, andernfalls kann man mit Ok die Auswahl bestätigen.

    VincEd - Hier werden alle Einstellungen der neuen Shell vorgenommen. Für Fans der Skriptsprachen und Befehle eine nette Erweiterung für den normalen Anwender der auf bunte Icons steht und nur ganz selten etwas mit der Shell anstellt weniger interessant.

    WarpOS - Die neue WarpOS Version bekam endlich auch einen Einsteller. Hier kann man endlich ganz bequem einige Einstellungen vornehmen und muss sich nicht mehr mit Shell-Befehlen ärgern.

    Workbench - Auch dieser Einsteller wurde um einige Funktionen erweitert. So können Sie hier die Workbench dazu zwingen die ersten 8 Farben mit der MagicWB Palette zu belegen. Sie können auch die Workbench-Titelleiste entfernen, das Hintergrundbild nimmt dann die komplette Höhe an. Neu ist auch die Möglichkeit die Füllstandsanzeige der Fenster zu entfernen.

    Damit wären alle wichtigen Änderungen im Prefs Fenster schon durch. Als nächstes kommen jetzt die Tools. Bei den Tools hat sich leider nicht soviel getan. Noch immer ist der hässliche und für Anwender gut im Kopfrechnen nutzlose alte Taschenrechner vorhanden. Das Tool HDToolBox wurde überarbeitet, was genau verändert wurde konnte ich allerdings nicht feststellen. Mit IoTools unterstützt der Amiga jetzt Laufwerke der Firma Iomega. Dazu zählen Zip 100, Zip 150, JAZ 1Gbyte und JAZ 2Gbyte. Mit Unarc ist auch ein Entpacker für Targa Archive dabei. Das wäre bei den Tools schon alles was uns zum System Ordner führt.

    Im System Verzeichnis befindet sich das Start-Icon für die neue Shell und das Suchprogramm. Das Programm FixFonts wurde ebenfalls überarbeitet. Ansonsten nichts neues zu sehen. Jetzt bleibt uns nur noch der Utilities Ordner, in dem wir zahlreiche neue Programme vorfinden.

    Hinter Action befindet sich einer der zur Zeit besten AVI und Quicktime Player für den Amiga. Vielen ist das Programm auch unter dem Namen Moovid bekannt, von dem noch eine bessere kommerzielle Version existiert. Diese kann im Gegensatz zu der mit AmigaOs3.9 mitgelieferten auch das von Intel entwickelte Indeo Format abspielen und unterstützt den PowerPC Prozessor.

    Mit AMPlifier wird ein MP3 Player mitgeliefert der aber auch nicht extra für das AmigaOS3.9 entwickelt wurde. Ursprünglich wurde das Programm von Kato Development entwickelt und ist meines erachtens etwas schlechter als das Konkurrenzprogramm AmigaAMP.

    Audio CD's können jetzt mit dem Programm PlayCD abgespielt werden, außer einer bunten aber nichts besonders schönen bzw. zu großen Oberfläche hat das Programm nichts besonderes zu bieten.

    Für die alte Uhr gibt es mit der WBClock einen Ersatz. Auch dabei handelt es sich nicht wirklich um ein neues Programm, sondern um eine überarbeitete Version der "Tollen Uhr". In meinen Augen ist der Funktionsumfang dieser Uhr sehr bescheiden. Es gibt keine Möglichkeit für eine Anzeige im digitalen Format oder aber auf der oberen Workbench Menüleiste. In dieser bunten Form ist die Uhr für mich unbrauchbar.

    Die bessere Hälfte

    Noch ist der Test nicht zu Ende, es folgen jetzt die schönen Sachen. Hinter dem Namen AmiDoc versteckt sich eine großartige Hilfe die von Stefan Robl entwickelt wurde. Das AmiDoc Programm stellt dem Anwender eine Leiste zur Verfügung, auf der sich beliebige Programme und Dateien ablegen lassen. Sinnvoll wäre es natürlich nur die meistgebrauchten Programme dort abzulegen. Das Programm übernimmt dann automatisch das Icon der jeweiligen Software und stellt es auf einer Leiste die nach Anwenderwünschen irgendwo auf der Workbench plaziert wird. Die Leiste bietet noch einige Einstellungen. Es lassen sich parallel zu der Leiste noch weitere Leisten erstellen. Das ist natürlich weniger sinnvoll, deshalb existiert auch die Möglichkeit Kategorien zu erstellen, zwischen denen man später einfach wechseln kann. Leider bietet die Leiste außer Ikonifizieren keine Möglichkeit ganz von der Workbench zu verschwinden. Schön wäre es nämlich wenn die Leiste automatisch ausfahren würde sobald man sich der bestimmten Ecke nähert. Durch einen Trick lässt sich die Größe der Leiste doch schrumpfen. Es wird ganz einfach noch ein Kategorie erzeugt die aber immer leer bleibt. Diese nimmt dann auf der Workbench nicht mehr soviel Platz weg bietet aber die Möglichkeit problemlos in die nächste Kategorie zu wechseln.

    Internet neu erleben

    Schon mit OS3.5 wurde den Amiga Anwendern ein vollwertiger TCP/IP Stack versprochen. Doch dieses Versprechen wurde nicht eingehalten. Die Anwender bekamen eine auf 30 Minuten eingeschränkte MIAMI Version, was natürlich zu vielen Diskussionen führte.

    Mit OS3.9 sollte das sich schnell ändern und so erwarb Haage&Partner schnell die Rechte an dem Programm Genesis das als Grundlage AmiTCP verwendet. Auch das führte zu einigen Diskussionen, für den Anwender eher uninteressant weshalb ich hier nicht weiter darauf eingehen werde. Genesis wurde ursprünglich für das NetConnect Paket von Active Technologies entwickelt und muß sich was die Bedienung und auch den Funktionsumfang angeht vor dem Konkurrenten Miami nicht verstecken. Für das AmigaOS3.9 wurde der GenesisWizard überarbeitet und präsentiert sich anders als das Prefs-Fenster im Reaction-Look. Mit dem GenesisWizard können Sie ähnlich einfach wie mit MiamiInit einen neuen Provider einrichten. Haage&Partner ging hier sogar einen Schritt weiter und bietet bereits einige fertige Einstellungen zur Auswahl der sogenannten CallByCall Provider. So kann man nach Lust und Laune den Provider jederzeit problemlos ändern. Leider wird bei der Installation der Software eine wichtige Datei nicht mitinstalliert, was auch daran liegt das diese auf der OS3.9 CD-Rom nicht drauf ist. Dabei handelt es sich um die Mui-Datei Grouppager.mcc. In dieser Sache sollte man sich dann an den Support wenden, ich hatte die zum Glück auf meinem Rechner drauf. Was dem Internet-Stack noch fehlt ist natürlich die Unterstützung von DSL. Mein Gefühl sagt mir aber das Haage&Partner den Stack weiterentwickeln und diese Funktion als erstes einbauen wird. Dieses Update wird dann sehr wahrscheinlich kostenpflichtig sein.

    Für die Anzeige der Seiten ist wie schon beim OS3.5 das Programm AWeb-II verantwortlich. Mit OS3.9 wurde auch eine neue Version beigelegt. Das Meiste hat sich im inneren geändert. So wird JavaScript jetzt noch besser unterstützt wie auch die HTML Sprache. Wie immer handelt es sich dabei um eine eingeschränkte Version in der z.B. so Funktionen wie die Verbindung zu mehreren Seiten oder auch über SSL fehlen. Für jemanden der auf so was gut verzichten kann reichen die Funktionen völlig aus.

    Bei dem e-Mail Clienten hat sich nichts getan. Es liegt immer noch das Programm AmigaMail dem Betriebssystem bei. Für den täglichen Gebrauch reicht die Software durchaus.

    Mehr neues gibt es beim OS3.9 leider nicht. Die Anleitung auf der CD-Rom wurde anscheinend kaum überarbeitet. Zumindest sind dort keine Informationen zu den neuen Tools enthalten und auch bei denen, wo sich etwas geändert hat wurde der Text nicht angepasst. Zu einigen der Tools sind noch Textdateien in einem extra Ordner zu finden, teilweise nur in englischer Sprache wie z.B. für VincEd oder AWeb. Wer mehr erfahren will muss wohl zu dem verfügbarem Buch greifen.

    Auf der CD-Rom selbst befinden sich noch andere Dateien. So befinden sich zwei Verzeichnisse mit Audio- und Videodateien, die man sich gleich mit AMPlifier und Action abspielen lassen kann.

    Im Contribution Ordner befinden sich andere bekannte Erweiterungen wie Picasso96, CyberGraphX, Warp3D, WarpUp, AHI5 und noch einiges mehr.

    Mein Fazit:

    Ich habe von Anfang an keine großen Erwartungen an das Update gestellt. Dafür hatten die Programmierer einfach zu wenig Zeit um hier viel auszurichten. Was natürlich an Amiga selbst lag. Seit OS3.5 hat sich tatsächlich einiges getan was ein Update doch gerechtfertig macht. Das vieles noch nicht umgesetzt wurde wie z.B. echtes Multitasking bei der Workbench, kann man noch verschmerzen. Mit dem nächsten BoingBag soll auch das endlich funktionieren. Mit dem Update wurde auch wieder ein neuer Standard was die Ausstattung der meisten Rechner angeht gesetzt. Schließlich verfügt jetzt praktisch jeder über die wichtigsten Player für Video- und Audiodaten. Damit kann man zukunftige CD-Roms an diese Standards anpassen. Mit AmiDoc bekam der Amiga auch eine offizielle Startleiste wie es die schon bei Windows seit Jahren gibt, und beim Amiga ist diese vielleicht von der Idee noch etwas besser. Das Update bringt viele sinnvolle Erweiterungen wie das Suchtool mit sich und macht das vorhandene Betriebssystem noch schöner und interessanter. Es macht Spaß zu sehen wie schnell der Amiga zu der Konkurrenz aufholt. Sollte noch tatsächlich ein OS4.0 kommen mit mehr PowerPC Support dann wäre die Amiga Welt wieder gerettet und man könnte wirklich über eine neue Hardware nachdenken. Vielleicht ein ähnlicher Versuch wie mit Draco nur mit PowerPC und PCI. Wer weiß. Ich bin mit dem Update zufrieden. Vielleicht merkt man auch meine Begeisterung was die AmiDoc Leiste angeht. In letzter Skunde ist mir noch eingefallen das sich auf der CD-Rom noch ein Audio-Track von der wohl nicht mehr existierenden Gruppe Annex befindet. Es ist wahrscheinlich etwas neues vom Daniel Schulz selbst, aber nicht wirklich gut.

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